Bambusbecher setzen Schadstoffe frei
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Bambusbecher setzen Schadstoffe frei

Untersuchungen das CVUA Stuttgart
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart hat im Jahr 2018 den möglichen Übergang von Melamin und Formaldehyd in Lebensmittel aus Melamingeschirr und Kunststoffgegenständen mit Bambusfasern („Bambusgeschirr“) näher untersucht. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede im Migrationsverhalten unter den elf untersuchten MF-Coffee to go-Bechern (MF = Melamin-Formaldehydharz) mit Bambusfüllstoff:
Bei zwei von 8 Bechern war der Grenzwert von 2,5 mg Melamin/kg Lebensmittel in der 3. Migrationsprüfung bereits überschritten. Sie sind damit nicht mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 konform. Bei den übrigen nahm der Übergang von Melamin von der ersten bis zur 12. Prüfung kontinuierlich zu. Nach der siebten Prüfung war der spezifische Migrationsgrenzwert (SML) von 2,5 mg Melamin/kg Lebensmittel von allen Proben überschritten.
Ein Becher überschritt bereits in der 1. Migrationsprüfung den SML von Melamin um das Vierfache. Der Gehalt von Formaldehyd war sogar um das 30-fache höher als der zulässige SML. Er wurde als gesundheitsschädlich beurteilt.
Nur zwei Becher zeigen eine konstant niedrige Freisetzung, die vom 1. bis zum 12. Migrationsversuch deutlich unter den geltenden Höchstmengen lag. Sie unterschieden sich in ihrer Materialzusammensetzung nicht von den o. g. Bechern. Das Amt vermutet, dass sie auf der Lebensmittelkontaktseite beschichtet sind oder anders hergestellt werden als die Becher in Kategorie 1.
Nach Auffassung des CVUA zeigen diese Versuche, dass die Eigenschaften des MF-Kunststoffharzes, wie Festigkeit und Hydrolysestabilität durch die Verwendung des Füllstoffs Bambus negativ beeinflusst werden. Das Amt verweist darauf, dass bei der Verwendung von Naturprodukten entsprechend Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 ein Stoff für die geplante und vorhersehbare Verwendung geeignet sein muss. Dies war in vorliegendem Fall nicht gegeben.
 
Untersuchungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR)
Auch die Migrationsversuche des BfR zur Freisetzung von Melamin und Formaldehyd aus herkömmlichem Melaminkunststoff („Melaware“) und sogenannter „Bambooware“ erbrachten ähnliche Ergebnisse. wie die des CVUA Stuttgart. So konnte für die „Bambooware“ gezeigt werden, dass sie deutlich mehr Melamin und Formaldehyd freisetzt als die parallel untersuchte herkömmliche „Melaware“. Überschreitungen des SML von 15 mg/kg Lebensmittelsimulanz für Formaldehyd sind bei einem Teil der „Bambooware“-Proben in allen 12 aufeinander folgenden Migrationstests gefunden worden (2 h, 70 °C mit 3%-iger Essigsäure). Die BfR-Kommission für Bedarfsgegenstände hält „Bambooware“ für einen mit Füllstoffen additivierten Kunststoff. Keinesfalls handelt es sich, wie von einigen Herstellern angegeben, um ein natürliches Material. Füllstoffe wie Stroh, Kaffeesatz oder Bambus sind nicht in der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 gelistet. Die technische Eignung von „Bambooware“ mit hohem Füllstoffanteil ist für den direkten Kontakt mit Heißgetränken nach Ansicht der Kommission nicht gegeben.
Untersuchungen von Stiftung Warentest
Auch Warentest ließ 12 „Bambusbecher“ untersuchen, ebenfalls Mehrwegbecher, die vom Anbieter als biologisch abbaubar und recycelbar angepriesen wurden. Die Untersuchungen zeigten, dass in mehr als die Hälfte der getesteten Becher diese bereits nach der dritten Befüllung (2 h, 70°C mit 3%-ige Essigsäure) „sehr hohe“ Gehalte an Melamin abgaben. Auch Formaldehyd wurde in „hohen“ Mengen in der Simulationslösung festgestellt. Warentest rät von der Verwendung der Becher als Trinkgefäße ab. Auch der Hinweis „biologisch abbaubar“ ist nicht zutreffend. Nach Warentest werden Bambusbecher auch in Jahren nicht auf dem Kompost verrotten.

QUELLEN:
 
• www.ua-bw.de (Start > Fachgebiete > Bedarfsgegenstände > Untersuchungen des Übergangs von Melamin und Formaldehyd aus “Bambusgeschirr” – ein Update) vom 17.07.2019
• 21. Sitzung der BfR-Kommission für Bedarfsgegenstände, Protokoll vom 7. November 2018, TOP 10: Freisetzung von Melamin und Formaldehyd in Simulanz aus „Bambooware“
• www.test.de (Start > Haushalt + Garten > Tests > Bambusbecher im Test) vom 23.07.2019
 
Dr. Herbert Otteneder (Food & Recht, 10/2019)
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