Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nimmt jeder dritte Erwachsene in Deutschland Nahrungsergänzungsmittel. Die meisten versprechen sich davon, ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun.
Neben Vitamin-C-Präparaten sind „A–Z“-Multivitaminpräparate am beliebtesten. Die Tabletten oder Kapseln sind oft mit 13 Vitaminen und mehr als 10 Mineralstoffen angereichert. Das Magazin ÖKO-Test ging der Frage nach, inwieweit nützen Vitaminpräparate dem Körper bzw. können hohe Gaben sogar schaden.
Insgesamt ließ ÖKO-Test 17 „A – Z“-Multivitaminpräparate untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass Vitamine und Mineralstoffe in den Präparaten oft überdosiert waren. Hinzu kamen fragwürdige Werbeaussagen. Fast alle Mittel werden mit einem vermeintlichen Depoteffekt oder einer Langzeitwirkung beworben. Der Nutzen einer solchen Wirkung ist aus Sicht von ÖKO-Test nicht belegt.
Das BfR hat im Jahr 2018 auf Basis des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes Vorschläge für Vitamin- und Mineralstoffhöchstmengen in NEM erarbeitet (siehe Quellen). Produkte, die diese Empfehlungen einhalten und entsprechend den Herstelleranweisungen eingenommen werden, sind für Personen ab 15 Jahren sicher. Auf der Grundlage dieser Empfehlungen hat ÖKO-Test die oben genannten Präparate beurteilt. Danach war bei 15 der 17 getesteten Erzeugnisse der Vitamin A-Gehalt zu hoch, mit mehr als 0,2 mg pro empfohlene Tagesdosis. Weiter waren Niacin mit mehr als 17 mg (4 mal), Folsäure mit mehr als 200 μg (3 mal), Vitamin B6 mit mehr als 3,5 mg (2 mal) und isoliertes Betacarotin mit bis zu 2 mg (einmal) jeweils pro empfohlener Tagesdosis laut ÖKO-Test zu hoch dosiert.
Des Weiteren wurden die Hinweise „Antioxidantien haben als sogenannte Radikalfänger eine bedeutende physiologische Rolle“ und „Depoteffekt und/oder Langzeitwirkung“ als fragwürdig bezeichnet. Zudem fehlten laut ÖKO-Test Warnhinweise wie, „Vitamin A in der Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit dem Arzt einnehmen“, „Personen, die gerinnungshemmende Mittel (Cumarin-Typ) einnehmen, sollten Vitamin-K-haltige Mittel nur nach Rücksprache mit dem Arzt einnehmen“, „wegen mehr als 16 mg Niacin (Nicotinamid)/Tag für Schwangere nicht geeignet“ „wegen Kupfer für Kinder und Jugendliche nicht geeignet“ und „wegen Zink für Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren nicht geeignet“.
Die Frage „Nutzen für gesunde Anwender“ beantwortete der Test für alle ausgewählten Produkte mit „nein“. Das BfR teilte dazu beim 19. Forum Verbraucherschutz, Generation 65+ mit: Bei gesunden Menschen kann eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung den Bedarf für die meisten Nährstoffe decken. In bestimmten Fällen kann jedoch eine zusätzliche Zufuhr über NEM im Alter sinnvoll sein, z. B. für: Vitamin D (verminderte Synthese in der Haut; unzureichende Synthese bei nicht hinreichender Sonnenexposition). Weiter hält das Institut die Supplementierung mit Vitamin B12 bei verminderter Resorption von Vitamin B12 im Alter, z. B. aufgrund von verminderter Magensäuresekretion für sinnvoll. Es empfiehlt den individuellen Versorgungsstatus über entsprechende Blutuntersuchungen ärztlich abzuklären. Eine schwere Überdosierung von Vitamin D kann zu Nierenversagen führen. Überdosierungen von Vitamin E können nach entsprechenden Studien das Risiko für Prostatakrebs erhöhen (siehe Quellen).
QUELLEN:
• ÖKO-TEST Ausgabe 10/2019 S. 56 ff
• Weißenborn, A. et al. (2018); Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln, Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 13: 25–39
• Hirsch-Ernst, K. I.: 19. BfR Forum Verbraucherschutz, Generation 65+: 13.06.19
Dr. Herbert Otteneder (siehe auch Food & Recht, 12/2019)