1,2-ungesättigte Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind sekundäre Inhaltsstoffe, die von Pflanzen gebildet werden. Die Verbindungen sind in Lebensmitteln unerwünscht, da sie die Leber schädigen können. Sie zeigten im Tierversuch erbgutverändernde (genotoxische) und krebsauslösende (kanzerogene) Wirkungen.
Das BfR hat die Risikobewertung von Pyrrolizidinalkaloiden mehrfach aktualisiert. Bei der nun veröffentlichten Stellungnahme vom 17.06. wurde die aktuelle Gesamtexposition von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber 1,2-ungesättigten PA durch verschiedene relevante Lebensmittelgruppen, wie z.B. Honig, verschiedene Kräutertees, Milch und Spinat in Deutschland abgeschätzt. Zu Grunde gelegt wurden dazu neue PA-Gehaltsdaten aus den Jahren 2015 bis 2019.
Bei der Bewertung der gesundheitlichen Risiken von Lebensmitteln, die mit Pyrrolizinalkaloiden verunreinigt sind oder natürlicherweise enthalten, steht die genotoxisch-kanzerogenen Wirkung der 1,2-ungesättigten PA im Vordergrund. Das BfR verweist darauf, dass für die genannten Wirkungen der 1,2-ungesättigten PAs kein sicherer Schwellenwert abgeleitet werden kann. Die Bewertung erfolgte daher auf Basis des Margin of Exposure (MOE)-Konzeptes der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Die nach diesem Konzept berechneten Werte für den MOE sind keine gesundheitsbasierten Grenzwerte. Ein MOE Wert von 10 000 oder höher wird mit Blick auf die öffentliche Gesundheit grundsätzlich als wenig bedenklich angesehen und stellt somit eine niedrige Priorität für Risikomanagementmaßnahmen dar.
Die geschätzte chronische Gesamtexposition über alle in dieser Bewertung berücksichtigten Lebensmittelgruppen führt in den betrachteten Szenarien für Kinder und Erwachsene zu Aufnahmemengen, die sowohl für Normalverzehrer als auch für Vielverzehrer in MOE-Werten von über 10 000 resultieren. Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die derart ermittelte Gesamtexposition gegenüber 1,2-ungesättigten PA sieht daher das BfR als wenig wahrscheinlich an. Einschränkend stellt das BfR jedoch fest, dass die ermittelten MOE-Werte bei den Vielverzehrern nur knapp oberhalb von 10 000 liegen.
Nach den zur Risikoabschätzung herangezogenen Gehaltsdaten wiesen Rucola, Kräuter/ Gewürze, Blütenpollen, Rooibostee und Kräuter-tee die höchsten mittleren Gehalte auf.
Im Vergleich der aktuellen Gehaltsdaten der Jahre 2015 bis 2019 mit Werten der Jahre 2011 bis 2015 haben sich sowohl die mittleren Gehalte als auch die 95. Perzentile verschiedener Produkte zum Teil deutlich verringert. So haben die mittleren Gehalte um mehr als Faktor zehn bei Grünem Tee, Pfefferminztee und Schwarzem Tee abgenommen. Bei Kamillentee, Kräutertee und Rooibostee ist eine Abnahme um mehr als den Faktor zwei zu beobachten. Eine Ausnahme bilden Kräuter/Gewürze mit wesentlich höheren mittleren Gehalten, die allerdings mit deutlich höherer Probenzahl und einer anderen Produktauswahl in die Auswertung eingingen.
Das BfR empfiehlt weiterhin die Bemühungen fortzusetzten, die Gehalte an 1,2-ungesättigten PA in allen Lebensmittelgruppen durch eine Verbesserung von Anbau-, Ernte- und Reinigungsmethoden zu senken. Dies gilt in besonderem Maße für Lebensmittelgruppen wie Kräu-ter/Gewürze. Hier wurden in untersuchten Proben teilweise sehr hohe Gehalte gemessen.
QUELLE:
- Stellungnahme Nr. 026/2020 des BfR vom 17.06.2020
Dr. Herbert Otteneder (Food & Recht, 8/2020)